Pictorialismus – erste Kunstform in der Fotografie

Abstrakte Frühlingsblumen im Stil des PictorialismusDiese Aufnahme entstand mit einem Smartphone, mit der kostenlosen App Snapseed habe ich noch eine ebenfalls selber fotografierte Struktur überlagert. Aufnahmen wie diese folgen dem Prinzip des Pictorialismus.

Pictorialismus ist eine Kunstrichtung in der Fotografie, die einen bleibenden Einfluss auf die Entwicklung der Fotografie insgesamt hatte.Höchste Zeit also, auf diese vergessene Kunstrichtung aufmerksam zu maachen.

„Der Picto…. was?“ Pictrorialismus kennen sicherlich die wenigsten. Dabei war dies eine der ersten Gehversuche, die Fotografie als Kunstform zu etablieren. Pictorialismus kommt von „Pictoril“, das bedeutet so viel wie „Bildhaft“. Die Künstler des Pictorilaismus, meist Amateure, hatten ihre Blütezeit Ende des 19sten Jahrhundert bis Anfang des 20sten Jahrhunderts. Doch spätestens nach dem Ende des zweiten Weltkriegs verschwand diese Kunstrichtung in der Versenkung – auch wenn sie bis heute ihre Spuren hinterlassen hat. 

Der Vorwurf des damaligen Kultur-Establishment war, dass die Pictorialisten mit ihren Fotografien doch nur die Malerei imitieren wollen.  Zudem war der bildhafte Stil der Pictorialisten angelehnt an den Impressionismus und Neo-Impressionismus. Das war ab Beginn der wilden 1920er-Jahre eben nicht mehr angesagt. Neue Kunstformen wie die neue Sachlichkeit oder der Bauhaus waren fortan en Vogue. 

Edward Steichen

Edward Steichen war in frühen Jahren ein Vertreter des Pictorismus, bis er sich später dem Realismus zuwandte. Fotografie. Diese Aufnahme entstand 2021, als bereits die neue Sachlichkeit den Pictorialismus in der Fotografie ablöste. Steichen machte Urlaub in Venedig, wo er die Tänzerin Isadora Duncan traf. Isadora überredete Streichen, sie nach Griechenland zu begleiten. Es gelang ihr zwar, für einige Fotos am Parthenon zu posieren, doch mit ihrer Schülerin und Adoptivtochter Thérèse schuf Steichen dieses beeindruckende Bild.“Sie war eine lebende Reinkarnation einer griechischen Nymphe. Einmal, als ich den Parthenon fotografierte, verlor ich sie aus den Augen, aber ich konnte sie hören. Als ich sie fragte, wo sie sei, hob sie zur Antwort die Arme. Ich schwenkte die Kamera herum und fotografierte ihre Arme vor dem Hintergrund des Erechtheums. Dann gingen wir zu einem Teil der Akropolis hinter dem Parthenon, und sie posierte auf einem Felsen, gegen den Himmel mit ihren griechischen Gewändern. Der Wind drückte das Gewand eng an ihren Körper, und die Enden flatterten und flatterten. Sie knisterten sogar. Dadurch entstand der Effekt von Feuer“  ‚Wind Fire: Therese Duncan on the Acropolis‘, 1921″ by Nesster is licensed under CC BY 2.0

Wie sieht Pictorialistische Fotografie aus?

Pictorialistische Fotos zeichnen sich durch weiche Fokussierung, verschwommene Konturen und gezielte Manipulationen in der Dunkelkammer aus. Diese künstlerischen Elemente sollen eine subjektive, emotionale Dimension des abgebildeten Motivs zeigen. Viele Künstler des Pictorismus haben ihre Fotos im Labor stark nachbearbeitet, sie waren also sozusagen schon viele Jahrzehnte vor der digitalen Bildbearbeitung die Pioniere der Bildbearbeitung. Beliebte Motive waren vor allem die Natur, die von den Künstlern mystisch und/oder romantisch in Szene gesetzt wurden.

Pictorialistische Fotografie

Ein durch Pictorialistismus inspirirtes Bild, das von einer KI erstellt wurde. Das Schöne am Pictorialismus ist das Loslösen von Dogmen. Man kann alle zu Verfügung stehenden Werkzeuge nutzen, um ein Bild zu erschaffen. Von einer „reinen“ Fotografie kann man besonders in heutigen Zeiten ohnehin schon lange nicht mehr reden.

Was ist der Pictorialismus?

Der Pictorialismus war eine künstlerische Bewegung, die sich in der Fotografie Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte. Anders als die damals vorherrschende dokumentarische Fotografie, die darauf abzielte, die Realität möglichst objektiv abzubilden, setzte der Pictorialismus auf kreative Ausdrucksformen. Hier stand nicht allein die Wiedergabe von Realität im Vordergrund, sondern die Fotografie wurde als künstlerisches Medium betrachtet, das Emotionen, Stimmungen und persönliche Interpretationen transportieren konnte.

Die Geschichte des Pictorialismus

Die Ursprünge des Pictorialismus lassen sich auf die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zurückverfolgen. Fotografen begannen, sich von den technischen Beschränkungen ihrer Apparate zu lösen und experimentierten mit verschiedenen Techniken, um ihre Werke künstlerischer zu gestalten. Die Bewegung fand vor allem in Europa und den Vereinigten Staaten Anklang und beeinflusste die künstlerische Szene maßgeblich.

Ein entscheidender Moment war die Gründung der „Photo-Secession“ im Jahr 1902 durch den visionären Fotografen Alfred Stieglitz. Diese Gruppe von Künstlern setzte sich für die Anerkennung der Fotografie als Kunstform ein und förderte den Pictorialismus als eine Möglichkeit, fotografische Werke mit einer persönlichen Handschrift zu gestalten.

Bekannte Fotografen des Pictorialismus

Alfred Stieglitz (1864-1946): Als einer der Vorreiter des Pictorialismus und Gründer der Photo-Secession trug Stieglitz maßgeblich zur Verbreitung dieser Kunstrichtung bei.
Julia Margaret Cameron (1815-1879): Eine der frühesten Pionierinnen des Pictorialismus, Cameron schuf poetische und emotionale Porträts, die weit über die damaligen Standards der Porträtfotografie hinausgingen.
Clarence H. White (1871-1925): White war ein amerikanischer Pictorialist, der nicht nur als Fotograf, sondern auch als Lehrer einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der Fotografie hatte.

Die Wirkung des Pictorialismus in der Gegenwart

Obwohl der Pictorialismus im Laufe des 20. Jahrhunderts von moderneren fotografischen Ansätzen abgelöst wurde, lebt seine Essenz in vielen zeitgenössischen Werken weiter. Fotografen von heute lassen sich nach wie vor von den Prinzipien des Pictorialismus inspirieren, doch statt Dunkelkammer bietet die digitale Bildbearbeitung eine größere gestalterische Freiheit.

Viele zeitgenössische Fotografen verfolgen einen Hybridansatz und nutzen für ihre Arbeiten verschiedene Stile. Ein beliebtes Stilmittel ist die bewusste Unschärfe während der Aufnahme, wie man sie beispielsweise mit der ICM-Technik erzielt. Der Pictorialismus bleibt ein beliebtes Gestaltungsmittel für Fotografen, die nach kreativer Ausdruckskraft suchen. In der gegenwärtigen Fotografieszene gibt es viele Künstler, die sich vom Pictorialismus inspirieren lassen und Elemente dieses Stils in ihre Werke integrieren,

Fazit zu Pictorialismus in der Gegegnwart

Der Pictorialismus war eine revolutionäre Bewegung, die die Fotografie von einer reinen Dokumentation der Realität zu einer künstlerischen Ausdrucksform transformierte. Die Fotografen des Pictorialismus eröffneten neue Wege für die Interpretation von Bildern und prägten die Fotografie nachhaltig. In der Gegenwart können wir noch immer die Spuren des Pictorialismus in der vielfältigen Welt der Fotografie entdecken. Diese Kunstrichtung ist es Wert, wiederentdeckt zu werden.

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[…] ICM ist eine Technik, bei der die Kamera während der Belichtung bewusst bewegt wird. Der Fokus liegt auf den dynamischen, verwischten Linien und Formen, die durch die Bewegung entstehen. Es ist sicherlich ein Erbe des Pictorialismus. […]