Sony World Photography Awards 2021 ehrt mexikanische Fotografin Graciela Iturbide

Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography AwardsMexico City, 1969 - Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Im Rahmen der Sony World Photography Awards erhält die renommierte mexikanische Fotografin Graciela Iturbide 2021 den Preis für Herausragende Leistungen für die Fotografie (Outstanding Contribution to Photography).
Ihr Werkkatalog ist eine fotografische Dokumentation Mexikos seit den späten 1970er-Jahren und wird als entscheidender Beitrag zur visuellen Identität des Landes gerühmt.
25 Bilder aus Iturbides Oeuvre werden in einer virtuellen Ausstellung präsentiert, die ab dem 15. April auf der Website der World Photography Organisation zu sehen ist.

Die Auswahl der Bild hat Fotografin Graciela Iturbide selber getroffen. Die Ausstellung umfasst bedeutende Meilensteine und Themen aus ihrer fünf Jahrzehnte währenden Karriere. Darunter befinden sich einige ihrer berühmtesten Arbeiten wie Nuestra Señora de las Iguanas (Unsere Liebe Frau der Leguane) und Mujer ángel (Engelsfrau). In Bildern, die das tägliche Leben und die Alltagskultur, aber auch Rituale und Religion darstellen, erkundet Iturbide die zahlreichen Komplexitäten und Widersprüche ihres Landes. Sie hinterfragt dessen Ungleichheiten und hebt die Spannungen zwischen Stadt und Land, Moderne und Indigenität hervor. Ihre Arbeiten gehen über rein dokumentarische Narrative hinaus und möchten poetische Visionen vermitteln, mitgeprägt von den persönlichen Erfahrungen und Reisen der Fotografin.

 

Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Unsere Liebe Frau der Leguane, Juchitan, Mexiko, 1979 – Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Engelsfrau, Sonoran-Wüste, Mexiko, 1979 – Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Streunende Hunde, Indien, 1998 – Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Mexico City, 1969 – Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Alheli, Oaxaca, 1995 – Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Über die Fotografin Graciela Iturbide

Graciela Iturbide wurde 1942 in Mexiko-Stadt als ältestes von 13 Geschwistern in eine traditionell katholische Familie geboren. Die Heranwachsende bewunderte die Amateurfotografien ihres Vaters und hütete sorgsam die Schachtel, in der die Familienfotos aufbewahrt wurden. Mit 20 Jahren heiratete Iturbide und bekam in schneller Folge drei Kinder. Weitere Infos auf Wikipedia und der Webseite der Fotografin.

Karriere als Fotografin

Erst 1969, im Alter von 27 Jahren, entschied sie sich, ihren künstlerischen Leidenschaften nachzugehen, und schrieb sich am Filmzentrum der Universidad Nacional Autónoma de México ein. Dort studierte sie bei dem Meister der Moderne Manuel Álvarez Bravo, der später ihr Mentor wurde, und beschloss, sich der Fotografie zuzuwenden. Als sie 1970 auf tragische Weise ihre sechsjährige Tochter Claudia verlor, wurde die Fotografie zugleich zu einer Form der Therapie für sie.

Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Selbstporträt auf dem Land, 1996 – Copyright: © Graciela Iturbide, Mexico, 2021 Sony World Photography Awards

Kurz darauf wurde Graciela Iturbide Álvarez Bravos Assistentin und begann, ihn auf seinen Reisen durch Mexiko zu begleiten. Sie wurde stark von Álvarez Bravos Interesse an indigenen Gemeinschaften und von seiner Philosophie beeinflusst, die vom mexikanischen Zeitgefühl geprägt war, bekannt als „Hay tiempo“ – „Es ist genügend Zeit“. Diese Denkweise, die in der mexikanischen Kunst und Literatur allgegenwärtig ist, half Iturbide, ihre eigene fotografische Sprache zu entwickeln: die Sprache einer genauen und geduldigen Beobachterin, deren Bilder die lyrischen und poetischen Qualitäten alltäglicher Momente offenbaren.

In den späten 1970er-Jahren wurde Iturbide zu einer der zentralen Figuren einer wachsenden Bewegung lateinamerikanischer Fotografen, die sich zusammentaten, um die visuellen Identitäten ihrer Länder von den Blicken ausländischer Fotografen „zurückzuerobern“. 1978 wurde Iturbide vom Ethnographischen Archiv des Nationalen Instituts für indigene Völker in Mexiko beauftragt, im Rahmen einer umfassenderen Initiative zur Wiederbelebung der indigenen Kulturen die indigene Bevölkerung des Landes zu fotografieren. In Zusammenarbeit mit dem Anthropologen Luis Barjau beschäftigte sich Iturbide eingehend mit der Gemeinschaft der Seri-Indianer, lernte ihre Bräuche kennen und dokumentierte ihre Lebensweise, mit besonderem Augenmerk auf ihre erzwungene Anpassung an den Kapitalismus.

Die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit von Barjau und Iturbide wurden 1981 in dem Buch Los que viven en la arena (Die im Sand leben) veröffentlicht. Zur damaligen Zeit war dies eine der wenigen mexikanischen Studien neben Hunderten von US-amerikanischen, und das Buch wurde sofort für seine authentischere Sichtweise gerühmt. Die Erfahrungen aus dem Leben mit den Seri markierten den Beginn eines bedeutenden Teils von Iturbides Karriere. Sie verstärkten ihr großes Interesse an der Erkundung ihres Heimatlands und ihren Wunsch, Beziehungen zu seiner vielfältigen Bevölkerung aufzubauen und diese zu fotografieren. Heute zählen die Fotoreportage über die Seri sowie eine spätere über die Zapoteken in Juchitán zu Iturbides bekanntesten Arbeiten.

Wie Graciela Iturbide ihre Bilder wirken lässt

Graciela Iturbide versucht nicht, ihre Themen zu exotisieren. Ihre Bilder vermitteln die Sichtweise einer Person, die ihre eigene Kultur verstehen und würdigen möchte. Neben Aufnahmen indigener Völker in Mexiko umfasst die Auswahl für die virtuelle Ausstellung auch Bilder von Iturbides Reisen nach Italien, in die USA und nach Indien. Diese Fotos fokussieren auf die Welt der Natur und sind geprägt von Iturbides Faszination für deren innewohnende Symbolik und Spiritualität. Zu ihren Arbeiten und zur Annahme des Preises sagte Graciela Iturbide:

„Es ist für mich eine große Freude und Ehre, diesen Preis zu erhalten. Diese Art von Anerkennung ist ein enormer Ansporn zum Weiterarbeiten. Alles, was ich in meinem Leben fotografiert habe, hat meinen Geist erfüllt und mich dazu bewegt, den Prozess stets aufs Neue zu wiederholen. Die Fotografie hilft mir verstehen, was ich sehe, wofür ich lebe und was ich fühle, und sie ist ein guter Vorwand, um die Welt und ihre Kultur kennenzulernen.“

Mit dem Preis für Herausragende Leistungen für die Fotografie werden Personen oder Gruppen ausgezeichnet, die einen bedeutenden Einfluss auf das Medium Fotografie ausgeübt haben. Als 14. Preisträgerin reiht sich Graciela Iturbide in eine illustre Liste ikonischer Persönlichkeiten ein. Dazu zählen neben vielen anderen Fotografen Eggleston (2013), Mary Ellen Mark (2014), Martin Parr (2017), Candida Höfer (2018), Nadav Kander (2019) und Gerhard Steidl (2020).

Virtuelle Ausstellung der Sony World Photography Awards 2020

Durch die pandemiebedingten Einschränkungen der letzten Monate, konnte die Ausstellung der Sony World Photography Awards 2020 nicht wie geplant im Willy-Brandt-Haus in Berlin gezeigt werden. Die ausdrucksstarken Werke des Wettbewerbs sind noch bis zum 31. März 2021 in einer umfangreichen digitalen Bilderwelt unter folgendem Link einsehbar: https://swpagermany.v21artspace.com/

Sony World Photography Awards 2021

Die Finalisten des Sony World Photography Awards 2021 und deren Bilder siehst Du hier. Die Gesamtsieger des Studenten-, Jugend-, offenen und Profi-Wettbewerbs der Sony World Photography Awards 2021 werden am 15. April 2021 über die digitalen und Video-Plattformen der World Photography Organisation bekannt gegeben.

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